Obwohl das Werk als eines der populärsten Textbücher des frühen Mittelalters zu bezeichnen ist, existieren nur wenige exakte Daten über das Leben und die Motivation des Autors. Weder seine Lebensdaten (um 400) noch sein Beruf lassen sich genau ermitteln. Allein über die geographische Zuordnung seines Aktionsradius in oder um Karthago besteht eine relative Übereinstimmung.
Im gesamten Frühmittelalter war dies das einzige Werk, das alle sieben freien Künste behandelte. Sein aus neun Büchern bestehendes Handbuch gilt als herausragendes Beispiel für die Enzyklopädistik des 5. Jh. und prägte das Bildungsgefüge für über 1000 Jahre entscheidend mit. Der große Erfolg ist zu einem bedeutenden Teil auf die Systematik bei der Präsentation der Artes liberales zurückzuführen. Zudem wurde dem Ganzen durch die Einkleidung in eine himmlische Hochzeitszeremonie ein gewisser Unterhaltungseffekt verliehen. Die allegorische Handlung, in der Merkur (Beredsamkeit) und Philologie (Gelehrsamkeit), die Künste des Triviums und Quadriviums symbolisierend, den Ehebund eingehen, bildet den Rahmen für die Präsentation der fachspezifischen Lehrinhalte, die aus neun Büchern besteht.
I Merkurs Entschluss zur Heirat und Götterrat
II Hochzeitsvorbereitungen und Auffahrt der Philologia
III Vorstellung und Vortrag der Grammatik
IV Vorstellung und Vortrag der Dialektik
V Vorstellung und Vortrag der Rhetorik
VI Vorstellung und Vortrag der Geometria
VII Vorstellung und Vortrag der Arithmetik
VIII Vorstellung und Vortrag der Astronomia
IX Vorstellung und Vortrag der Harmonia [1]
Auffälligstes Beispiel ist Geometria. Wo das, was man in den Schulen unter dem Titel versteht und betreibt, traditionsgemäß anfängt, nämlich beim Ersten Theorem Euklids, da hört ihr Vortrag auf. Ursache dafür ist, dass man in der Antike bei Geometria das noch hört, was die Worte schlicht besagen: Erdvermessung. Deshalb handeln etwa 6/7 des Vortrages der Geometria von Geographie. [2]
Die Rede beginnt mit einer Verteidigung der Kugelgestalt der Erde. Es folgen Argumente für die Zentralstellung der Erde im Universum. Weiter werden die fünf Klimazonen und die Einteilung der bewohnbaren Welt in drei Kontinente (Europa, Asien, Afrika) behandelt. Hierbei handelt es sich um eine verkürzte Version einer ähnlichen Darstellung in der Historia naturalis von Plinius (23–79).
Das Buch VII zur Arithmetik war nach der Arithmetik des BOETHIUS (480-524) das wichtigste zahlentheoretische Werk im Unterricht während des frühen Mittelalters. [3]
Der Auftritt der Arithmetica beginnt mit einem Ausflug in die Zahlenmystik. Spätere Abschnitte widmen sich den üblichen Definitionen der verschiedenen Klassen von Zahlen und Zahlenverhältnissen.
Das Kapitel über Astronomie ist wohl der beste Teil des Handbuchs und hat den nachhaltigsten Einfluss ausgeübt. Am interessantesten ist die Abhandlung über die inneren Planeten Merkur und Venus. Martianus glaubte, dass diese sich auf Umlaufbahnen um die Sonne bewegen. Noch Kopernikus bezog sich 1100 Jahre später auf Martianus, um diesen Aspekt seines eigenen Systems zu stützen. [4]
Quellen:
[1] Englisch, Brigitte: Die Artes liberales im frühen Mittelalter. Steiner Verlag. Stuttgart 1994. – S. 55
[2] Zekl, Hans: Die Hochzeit der Philologia mit Merkur. Verlag Königshausen & Neumann. Würzburg 2005. – S. 10
[3] Gottwald, Siegfried: Lexikon bedeutender Mathematiker. Bibliographisches Institut. Leipzig 1990. – S. 309
[4] Hein, Wolfgang: Die Mathematik im Mittelalter. WBG. Darmstadt 2010. – S. 40
Format:
2°
Illustration:
Druckerm.
Extent:
[100] Bl.
Year(s) of publication:
1500
Place of Printing (by original item):
Mutinæ
Place of Printing (german):
Modena
Fingerprint:
iser i-i- t.r- mute C 1500R
Origin of fingerprint:
Fingerprint nach Ex. der ThULB Jena
Annotation:
Mit Widmungsvorr. des Druckers Dionigi Bertocchi
Kolophon: Impressus Mutinæ. Anno Salutis. M.CCCCC. Die. XV. Mensis Maii. Per Dionysiu[m]. Berthocum.
Signaturformel nach Ex. der ThULB Jena: a-q6, r4