Naturhistorisches Bilder- und Lese-Buch oder Erzählungen über Gegenstände aus den drei Reichen der Natur ; nebst 300 illuminirten Abbildungen von Horny und einer Erklärung in Versen
Das „Naturhistorische Bilder- und Lesebuch“ des Theologen, Pädagogen und Schriftstellers Jakob Glatz (1776-1831) erschien im Jahr 1803 bei dem Verleger Friedrich Frommann in Jena. Dieser war an den Verfasser mit der Bitte herangetreten, zu vierzehn Kupferstichen des Weimarer Künstlers Conrad Horny erläuternde Erzählungen naturkundlichen Inhalts anzufertigen. Glatz, zwischen 1797 und 1804 Lehrer an der philanthropischen Erziehungsanstalt Schnepfenthal bei Gotha, erklärte sich gerne dazu bereit, „ein unterhaltendes naturhistorisches Lesebuch“ für die Jugend zu liefern, „durch welches ihr Sinn für nähere Kenntniß der Natur geweckt, und sie zum ernsteren Studium derselben vorbereitet würde.“
Das Buch, welches sich an Kinder zwischen sieben und zehn Jahren richtet und ebenso für die Heimlektüre wie als Grundlage für den Schulunterricht konzipiert ist, besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil umfasst die Kupfertafeln. Die einzelnen Abbildungen (Tiere, Pflanzen, Steine und Metalle) werden jeweils durch kurze Texte in Versform erläutert. Im zweiten Teil folgen schließlich die Erzählungen, in denen Kinder die „drei Reiche der Natur“ erkunden.
Die Verse im ersten Teil gehen nicht auf Glatz zurück, wie dieser selbst in seinem Vorwort anmerkt, ohne jedoch den Urheber zu nennen. Die Dichtungen zu den ersten dreizehn Kupfern stammen von dem damals noch jungen Arzt und Schriftsteller Nicolaus Meyer, während die Verse der letzten Tafel zu den Steinen und Metallen von keinem anderen als von Goethe verfasst worden sind. Jakob Glatz, welcher in Jena bei Fichte, Schelling und A. W. Schlegel Philosophie und Theologie studiert hatte, war in Weimar auch mit Wieland, Herder, Schiller und Goethe in Kontakt getreten, in dessen Hause wiederum Horny und Meyer verkehrten.
Das „Bilder- und Lesebuch“ des unter dem Einfluss von Philanthropie, Idealismus und Frühromantik stehenden Glatz, welches noch zu Lebzeiten des Autors mehrere Auflagen erreichte, stellt ein bemerkenswertes Zeugnis der Kultur- und Geistesgeschichte des frühen neunzehnten Jahrhunderts dar.
Deetjen, W.: Goethes Mitarbeit an dem naturhistorischen Bilder- und Lesebuch von Jakob Glatz, in: Jahrbuch der Sammlung Kippenberg, Bd. 1. Leipzig: Insel 1921, S. 178-180.
Lachmann, Rainer: Jakob Glatz: Sein Wirken und Werk an der Schnepfenthaler Erziehungsanstalt von 1797 bis 1804, in: Gottfried Adam, Robert Schelander (Hg.): Jakob Glatz. Theologe – Pädagoge – Schriftsteller. Mit 6 Abb. Göttingen: V&R unipress 2010, S. 37-60, hier S. 57f.
Pfauch, Wolfgang: Schnepfenthal und Weimar 1784 bis 1832, in: Pädagogische Rundschau 50 (1996), S. 535-546, hier S. 541ff.