Das im ehemals Königlichen Provinzialarchiv von Magdeburg durch den Archivar Stock aufgefundene und über das Berliner Staatsarchiv an die Königliche Bibliothek zu Berlin (heute Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz) gelangte Pergamentblatt diente zum Umschlag einer Rechnung des Amtes Jüterbog (Brandenburg) und wurde zuerst von Friedrich Wiggert (1832) abgedruckt. Es überliefert annähernd zwei Liedstrophen eines Anonymus, die seit ihrer Bekanntmachung als Anfang eines Frühlingsliedes bezeichnet werden. Sie weisen ein bemerkenswert kompliziertes metrisches Schema auf. Die erste Strophe ist darüber hinaus mit einer an Melismen reichen Melodie in gotischer Neumenschrift mit Metzer Einschlag vollständig neumiert. Die kolometrische Darstellung des Strophenbaus durch den Wechsel der Initialenfarbe zwischen rot und blau, die Auszeichnung des Strophenbeginns durch eine größere Initiale und die Verwendung von Reimpunkten stellt das Fragment in einen Zusammenhang mit der Jenaer Liederhandschrift und deren Umkreis, wobei die Systematik nicht ganz so aufwendig ist. Die Schreibsprache, die als 'schriftmitteldeutsch auf niederdeutscher Grundlage' (Thomas Klein) charakterisiert wurde, weist trotz gewisser Abweichungen im Detail auch auf diesen Umkreis hin, wenngleich das Lied auch nicht dem Sangspruch, sondern eher der Liebeslyrik zuzuordnen ist. Möglicherweise stellt es den Beginn einer Pastourelle dar.